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Green Cloud: Emissionen unserer Cloud-Architektur messen

24.4.2022 | 6 Minuten Lesezeit

Überall wird von der Cloud geschwärmt: Grenzenlose Skalierung und unzählige Features sind bereits „out of the box“ verfügbar. Das alles gibt es zu unschlagbar günstigen Preisen. Das Thema Nachhaltigkeit kommt dabei selten zur Sprache. Rechenzentren verbrauchen heute aber schon ähnlich viel Energie wie Kleinstädte und der Energiebedarf steigt immer weiter an . Dabei stellen sich in Bezug auf Nachhaltigkeit andere Fragen, als wir es in der IT normalerweise gewohnt sind: Ist der schnellste Server wirklich notwendig? Wie wirkt sich ein kleineres Modell auf den CO2-Ausstoß aus? Können wir unsere Cloud-Emissionen durch die Nutzung von Serverless-Services optimieren oder behalten wir lieber die Zügel in der Hand?

Um diese Fragen zu beantworten, müssen wir zunächst eine Idee von unseren aktuellen Cloud-Emissionen bekommen. Erst auf Basis des Ist-Zustands lassen sich mögliche Verbesserungen feststellen und der CO2-Verbrauch optimieren.

Cloud-Emissionen-Analyse der drei großen Anbieter im Vergleich

Mittlerweile haben die großen Cloud-Provider das Thema Nachhaltigkeit für sich entdeckt und werben mit ambitionierten Nachhaltigkeitszielen – egal ob Amazon Web Services (AWS ), Azure von Microsoft oder die Google Cloud Platform (GCP ). Im Folgenden werfen wir einen Blick auf die Tools, die Emissionen unserer Cloud-Architektur messen und aufbereiten.

Emissionen bei Amazon Web Services messen

AWS gibt eigene Best Practices im Well-Architected Framework heraus. Bei der re:Invent 2021 hat das Unternehmen die Sustainability Pillar in die Sammlung aufgenommen. Die Dokumentation ist aktuell aber noch ausbaufähig. Handlungsanweisungen beschreibt AWS oft nur oberflächlich, zum Beispiel folgende Empfehlung: „Choose regions near Amazon renewable energy projects“. Die Information, welche Standorte mit erneuerbaren Energien arbeiten, bleibt Amazon aber schuldig. Das müssen wir uns selbst zusammensuchen.

Stichwort erneuerbare Energien: AWS will bis 2025 alle Services zu 100 % mit erneuerbaren Energien betreiben (Quelle ). Aktuell werden allerdings einige Regionen lediglich über Zertifikate ausgeglichen. Dazu zählt auch die für die deutschen Datenschutzanforderungen relevante Region eu-central-1 (Europe / Frankfurt).

Mit dem kostenlosen Carbon Footprint Tool bietet AWS eine Übersicht der Emissionen, die genutzte Services verursachen. Das Tool befindet sich in der AWS Management Console unter BillingCost & Usage Reports. Es wird die Berechtigung sustainability:GetCarbonFootprintSummary benötigt, um das Dashboard aufrufen zu können.

AWS: Verschiedene Diagramme der Emissionen nach Regionen (Mitte) und Services (Rechts).

Die Angabe der Emissionen erfolgt in Tonnen CO2-Äquivalente (MTCO2e, metric tons of carbon dioxide-equivalent) und wird monatlich aktualisiert. Amazon benötigt bis zu drei Monate, um die Daten zu sammeln und aufzubereiten. Die gesammelten Daten lassen sich nach Service, Region und in unterschiedlichen Zeiträumen darstellen. Welche Services sich aber in der Gruppe „Other“ verstecken, können wir aktuell nur vermuten. Hier wäre ein höherer Detailgrad hilfreich, um die Emissionen gezielt reduzieren zu können.

Besonders interessant ist außerdem die Ansicht „Weg zu 100 % erneuerbarer Energie“, die eine Schätzung der zukünftigen Emissionen ist. Die Berechnung beruht auf den bisher genutzten Services und Regionen im gesamten AWS-Account.

AWS: Diagramm, das die voraussichtlich ausgestoßenen Emissionen darstellt

Fazit: AWS hat einen ersten Schritt getan, um die Entwicklungsteams auf dem Weg zu einer nachhaltigeren Cloud-Architektur zu unterstützen. Es ist aktuell aber auch nicht mehr als ein erster Schritt. Das zeigt sich nicht nur am Detailgrad des Sustainability Pillars. Eine nächste, sinnvolle Verbesserung könnte die Übersicht des Strommixes in den Regionen sein. Und auch wenn das Carbon Footprint Tool einen guten Überblick gibt, sind nicht alle Auswertungen detailliert genug.

Verfügbare Werkzeuge von Microsoft Azure

Auch Microsoft strebt bis 2025 an, alle angebotenen Services ausschließlich durch erneuerbare Energie zu betreiben (Quelle ). Aber auch hier fehlt eine Übersicht des aktuell genutzten Strommixes nach Regionen. Bei der Auswahl müssen sich User auf einzelne Ankündigungen von Azure verlassen, wie die Nachricht der Eröffnung eines neuen Rechenzentrums in Schweden , das Microsoft mit 100 % erneuerbaren Energien betreibt.

Vergleichbar mit AWS bietet auch Azure ein Emissions Impact Dashboard an. Die verursachten Cloud-Emissionen stellt es ebenfalls in Tonnen CO2-Äquivalente dar und Nutzer*innen können sie im zeitlichen Verlauf, nach Regionen und Services analysieren. Da für den Zugriff auf das Dashboard allerdings eine „Power BI Pro“-Lizenz benötigt wird, ist die Analyse nicht kostenlos.

Emissions Impact Dashboard – Verschiedene Diagramme der Emissionen nach Services, Regionen und Zeiträumen (Quelle )

Eine Prognose in die Zukunft gibt es nicht, dafür lässt sich der Vergleich mit einer ähnlichen Infrastruktur im eigenen Rechenzentrum („On-Premises“) ermitteln. Da hierfür lediglich die Selbsteinschätzung der Effizienz der aktuellen Infrastruktur abgefragt wird, basieren die Ergebnisse nur auf groben Schätzungen.

Fazit: Microsoft hat sich ebenfalls in Bewegung gesetzt und mit dem Emissions Impact Dashboard ein Analyse-Tool zur Verfügung gestellt. Leider kann nicht jedes Team darauf zurückgreifen, da die kostenpflichtige Lizenz eine Einstiegshürde darstellt. Um nach der Analyse des Ist-Zustandes mit der Optimierung unserer Architektur starten zu können, sollte Microsoft Hilfestellungen und Best Practices nachliefern. Aktuell fehlen sie noch.

Die Tools der Google Cloud Platform im Überblick

Google gibt an, bereits heute CO2-neutral zu sein. Bei genauerem Hinsehen erreichen sie das aktuell allerdings nur über Zertifikate und Emissionsausgleich. Im Gegensatz zu AWS und Azure visiert Google erst das Jahr 2030 an, um 100 % erneuerbare Energien zu nutzen (Quelle ).

Dennoch lässt sich sagen, dass Google im direkten Vergleich am besten abschneidet: Mit dem Carbon Footprint Reporting bietet Google eine kostenlose Übersicht der verursachten Emissionen an, die Anwender*innen direkt über den Billing-Account nutzen können. Auch hier lassen sich die Daten nach Ressourcen und Regionen filtern und im zeitlichen Verlauf betrachten.

GCP: Diagramme der Emissionen nach Monaten (links) und Projekten (rechts)

Im Vergleich zur Konkurrenz bietet GCP aber deutlich mehr Details. Das Dashboard ordnet die Emissionen einzelnen Services und Projekten zu. Damit können die Nutzer*innen die größten CO2-Verursacher einfacher erkennen und optimieren.

Allerdings stellt Google nicht nur bereits verursachte Emissionen dar. Mit dem Region Picker bietet das Unternehmen ein Werkzeug an, um die passende Region für das Hosting der genutzten Services auszuwählen. Neben dem Preis und der Latenz können Anwender auch den CO2-Fußabdruck einbeziehen. Die Faktoren fließen auch direkt bei der Auswahl einer Region ein: Regionen mit besonders hohem Anteil an erneuerbaren Energien hebt das Tool mit einem grünen Blatt-Icon hervor und sie sind direkt im Kontext der ausgeführten Aktion ersichtlich. Anders als bei AWS und Azure müssen wir die Informationen nicht selbst suchen.

Google Cloud – Auswahl der Region mit Indikator für geringe Emissionen

GCP: Auswahl der Region mit Indikator für geringe Emissionen

Fazit: Obwohl das Dashboard kostenlos ist, bietet Google viele Details. Außerdem gibt es bereits eine Übersicht der Best Practices zur Reduktion der Cloud-Emissionen. Google punktet außerdem mit zusätzlichen Informationen im Kontext der Services (Stichwort: Auswahl der Regionen). Dadurch haben wir die Möglichkeit, uns aktiv für eine nachhaltigere Lösung zu entscheiden.

Ausblick

Es ist auch heute schon möglich, die Emissionen unserer Cloud-Architektur zu ermitteln, egal welchen der drei großen Cloud-Provider wir nutzen. Im Artikel haben wir die aktuell verfügbaren Tools von AWS, Azure und Google Cloud betrachtet. Wir können aber mit Sicherheit davon ausgehen, dass sie in den nächsten Monaten jede Menge Verbesserungen der Tools und Dokumentationen veröffentlichen.

Microsoft (Dashboard nicht kostenlos) und Amazon (Dashboard mit wenigen Details) müssen hier nachziehen, um den Anschluss an die GCP nicht zu verlieren. Währenddessen kann sich Google darauf fokussieren, weitere Orientierung direkt im User Interface zu bieten und so beim Aufbau einer nachhaltigeren Architektur zu unterstützen.

Im nächsten Artikel der Reihe Green Cloud werden wir Möglichkeiten betrachten, um die gemessenen Emissionswerte zu reduzieren. Das Ziel ist, neben der Verfügbarkeit, der Performance und dem Preis noch einen weiteren Faktor in unsere Cloud-Strategie einfließen zu lassen: die Nachhaltigkeit unserer Software.

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