Barrierefreiheit, Frauennetzwerke, Safer Spaces, Privilegien: Der 28. Mai ist der 12. Deutsche Diversity-Tag, ausgerufen vom Verein „Charta der Vielfalt e. V.“. Grund genug, dass auch wir bei codecentric den Impuls aufgegriffen haben, uns einen Tag lang ganz explizit vor allem mit der Diversität im eigenen Unternehmen zu beschäftigen.
codecentric hat die Charta der Vielfalt unterzeichnet
Bereits 2019 hat Rainer Vehns für codecentric die Charta der Vielfalt unterzeichnet. Damit verpflichtet sich codecentric zur Anerkennung und Einbeziehung von Vielfalt in der Arbeitskultur. Rainer sagte zur Unterzeichnung:
„Unsere Talente bei codecentric verbindet die Leidenschaft für Software und Innovation. Vorurteilsfreie Zusammenarbeit und Vielfalt in der Unternehmenskultur sind für uns daher selbstverständlich.“
Wir haben daher beschlossen, den Diversity-Tag vor allem zu nutzen, um intern mehr Awareness für das Thema Vielfalt herzustellen, über den eigenen Tellerrand zu schauen, aber auch möglichst nahe an der realen Vielfalt von codecentric zu sein. Deswegen wurde das Tages-Programm von den Mitarbeitenden selbst gestaltet.
Diversity-Aktionstag bei codecentric
Aus organisatorischen Gründen hat codecentric den Aktionstag auf den 24. Mai vorverlegt. Unsere Mitarbeitenden sind unter der Woche mehrheitlich im Kundeneinsatz, um dennoch möglichst vielen von ihnen die Möglichkeit zu geben, am Programm teilzuhaben, haben wir den Freitag gewählt, den viele von ihnen im Rahmen unserer „OffProject Time“ für ihre Weiterbildung nutzen.
Verena Deller eröffnete als Vorständin für die Themen Menschen und Kommunikation das Tagesprogramm. Nicht nur als Unterzeichner der Charta der Vielfalt, sondern inzwischen auch als zertifizierte B Corp verpflichte sich codecentric zur gesellschaftlichen Verantwortung. Aktiv Zeichen für Diversität zu setzen, sei ein Bestandteil davon. Hier wolle codecentric den Mitarbeitenden aber auch so viel Raum wie möglich zur Mitgestaltung geben. Dementsprechend gab Verena das Wort weiter an die ersten beiden Session-Hosts des Tages.
Privilegien sichtbar machen.
Los ging es mit einem Impuls von den Kolleginnen Myriam Traub und Constanze Thomas: Was sind überhaupt Privilegien? Die beiden erklärten dazu den Begriff der „Intersektionalität” und das „Rad der Macht und Privilegien“. Letzteres ist ein visuelles Werkzeug, das die verschiedenen Dimensionen sozialer Identität und die damit verbundenen Macht- und Privilegienstrukturen darstellt. In einer Übung wurden die Mitarbeitenden eingeladen, sich selbst anonym einzuordnen: Bin ich weiß? Habe ich psychische Erkrankungen? Habe ich einen hohen Bildungsabschluss? Beeinträchtigt mich mein Name bei der Wohnungssuche?
Das Rad könne helfen, die komplexen und verflochtenen Strukturen von Diskriminierung und Privilegien besser zu verstehen. So können wir ein tieferes Verständnis für die Erfahrungen anderer entwickeln und effektiver für Gleichberechtigung und Inklusion eintreten. Die beiden betonten aber, dass es am Ende auch ein persönliches Erleben sei und das Modell keinen pauschalen Anspruch auf Richtigkeit erheben könne. Auch wurde betont, dass Störgefühle eine natürliche und normale Reaktion auf den Umgang mit Privilegien und Diversity sind. Diese sollten letztlich konstruktiv eingesetzt und nicht als Hemmung verstanden werden.
Integration, Safer Spaces & Frauennetzwerke
Ulrich Halstenbach von WorkStadt gab im Anschluss seine Sicht auf eine gute Integration von internationalen Fachkräften in Unternehmen. Hier kristallisierte sich vor allem heraus, dass sich Diversität in den nächsten fünf bis zehn Jahren hin zur Superdiversität entwickeln wird. In den nächsten Jahren werden zunehmend internationale Fachkräfte nach Deutschland kommen – und hier auch gebraucht. Dann, so die These, sei es für Unternehmen auch keine Frage des Wollens mehr, sich mit der Integration von Vielfalt auseinanderzusetzen.
Unser Kollege Carl-Eric Menzel erklärte das Prinzip hinter „Safer Spaces“, also einem Umfeld, in dem man sich sicher fühlt, Fehler machen darf, Risiken eingehen kann und zusammengefasst ein vollwertiger Teil eines Teams sein kann. Der Wert ist zum einen natürlich, dass es Leuten in so einem Umfeld besser geht, laut Studien fördert es andererseits tatsächlich auch die Leistung von Teams. Man müsse sich klar machen, dass sexistische, rassistische etc. Stereotypen in unser aller Köpfe vorhanden sind und so automatisch immer Fehler im Umgang miteinander passieren. Sicherer können wir das Umfeld aber gestalten, indem wir zum Beispiel eine offene Feedbackkultur pflegen und aus unseren Fehlern lernen.
Constanze Thomas sprach im Anschluss über Frauennetzwerke. Darunter verstehe man organisierte Netzwerke, um die beruflichen Chancen von Frauen zu stärken, den Austausch zu fördern und ggf. auch in männlich-dominierten Umfeldern Unterstützung zu bieten. Bei codecentric gibt es seit einigen Monaten etwa ein internes Frauennetzwerk, das natürlich einerseits die bereits bei codecentric arbeitenden Frauen unterstützen und stärken soll, andererseits aber auch überlegt, wie wir noch mehr Frauen für die Arbeit mit und bei codecentric begeistern können. Constanze erklärte, dass insbesondere das Thema „Frauen in Führungspositionen“, also der Einfluss von Frauen auf das Unternehmen, in vielen Studien als maßgeblich eingeordnet wird, um als Unternehmen insgesamt diverser zu werden.
Barrierefreiheit
Anna Maier und Florian Geierstanger beschäftigen sich im Kontext ihrer Arbeit mit dem Thema Barrierefreiheit in der Software-Entwicklung. Digitale Barrierefreiheit bedeute, dass ein Produkt von allen Nutzer*innen, unabhängig von ihren Einschränkungen oder technischen Möglichkeiten, uneingeschränkt benutzt werden kann. Das variiere von veralteten Betriebssystemen und schlechter Verbindung, über permanente körperliche und kognitive Einschränkungen bis hin zu den im Alter nachlassenden Fähigkeiten. Eigentlich regele seit 2019 das Behindertengleichstellungsgesetz, das hier bestimmte Vorgaben erfüllt sein müssen. Leider passiere dies in der Praxis aber noch nicht im gewünschten Ausmaß. Ab 2025 trete aber auch das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz in Kraft, das unter anderem elektronische Dienstleistungen betrifft. Die Beiden betonten, gerade für uns als IT-Dienstleister, erfordert das in Zukunft ein Neudenken bei unserer Arbeit: Barrierefreiheit sei nicht alleine ein „Frontend-Thema“, sondern bedarf eines ganzheitlichen Produktdenkens, in dem Barrierefreiheit ein fester Bestandteil ist.
Autismus und Agilität
Kollegin Sylvia Werth gab uns zum Abschluss des Aktionstages einmal Einblicke in die Zusammenarbeit mit autistischen Menschen, denn auch bei codecentric haben wir Kolleg*innen mit „Autismus-Spektrum-Störung“. Es sei wichtig zu verstehen, dass autistische Menschen manche Dinge anders erleben und wahrnehmen als neurotypische Menschen. Bei allen Herausforderungen haben autistische Menschen aber meist auch ausgeprägte Stärken: Gründlichkeit, Sachlichkeit, Ehrlichkeit, Loyalität und routinierte Arbeitsweise zum Beispiel.
Warum ist es nun relevant, die Themen Autismus und Agilität einmal in Kontext zu setzen? Aus Sylvias Beschreibung der Herausforderungen aber auch der Stärken von autistischen Menschen ging klar hervor, dass autistische Menschen Stabilität, Verbindlichkeit, Routine und Sachlichkeit brauchen. Mit Agilität verbinden wir oft eher Begriffe wie Flexibilität, Spontanität, Veränderungsfähigkeit etc. Agiles Arbeiten – so beschrieb es ein autistischer Entwickler – sei im Vergleich mit dem Arbeiten in traditionellen Teams wie das Arbeiten auf der Next-Generation-Enterprise. Unter Captain Picard gibt es klare Rollen, die aber in sich breit gefächert sind. Es gibt klare Rituale und Abläufe, die alle kennen, und das Team unterstützt sich gegenseitig. Traditionelle Teams funktionieren meist wie die alte Enterprise unter Captain Kirk. Dort ist man als autistischer Mensch automatisch in die Rolle des Sonderlings Spock gedrängt, da unter anderem hierarchische Machtspiele für autistische Menschen extrem schwierig sind und sie dadurch im Zweifel einen Nachteil erfahren, auch wenn die Qualität ihrer Arbeit gut ist.
Kurz gesagt: Autistische Menschen können immer als Bereicherung in Teams betrachtet werden, und es ist nicht viel Aufwand, gemeinsame Spielregeln zwischen neurodiversen und neurotypischen Menschen zu definieren, von denen beide Seiten profitieren können.
Ein runder Aktionstag bei codecentric
Flankiert wurden die Vorträge, die komplett remote gehalten wurden, an den einzelnen Standorten mit Screenings, Diversity-Frühstück und Team-Gesprächen. Wir freuen uns, dass viele Mitarbeitende interessiert dabei waren und wir dank der Beiträge von den Kolleg*innen wieder einen kleinen aber feinen Schritt hin zu mehr Offenheit für Vielfalt machen konnten.