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API Thinking – mehr als nur Schnittstellenentwicklung

29.4.2025 | 5 Minuten Lesezeit

In vielen Projekten entstehen technisch funktionale APIs ohne echten Fokus auf die Fachlichkeit und spätere Nutzung. Oft folgt die Entwicklung immer noch einem klassischen Muster: Ticket zuweisen, Schnittstelle implementieren und Ticket abschließen. Was dabei fehlt: die Perspektive derjenigen, die diese APIs später tatsächlich verwenden. Genau an dieser Stelle setzt API Thinking als Denkweise an, um APIs konsequent nutzerzentriert und strategisch zu gestalten.

Der Begriff "API Thinking" ist inspiriert von Design Thinking und dem Design Sprint, geprägt durch unsere Erfahrungen aus der Praxis. Gemeinsam mit Impulsen von Dr. Martin Kiel haben wir API Thinking entwickelt, um APIs nicht nur technisch zu implementieren, sondern als bewusst gestaltete Produkte zu verstehen: mit Wert, Zweck, klaren Verantwortlichkeiten und klarer Zielgruppe.

Was steckt hinter API Thinking?

API Thinking bedeutet, APIs nicht als rein technische Komponenten zur Systemintegration zu betrachten, sondern als Teil eines größeren Zusammenhangs. Im Kern geht es darum, sich frühzeitig mit den Bedürfnissen der Konsumierenden einer API auseinanderzusetzen. Seien es Entwicklungsteams, Fachabteilungen oder externe Partner. Ja, APIs sind Schnittstellen, aber eben auch Zugangspunkte zu geschäftlichen Funktionen, Daten und Prozessen. APIs stehen damit im Spannungsfeld zwischen Technologie, Fachlichkeit und Erwartungen der Nutzerinnen und Nutzer. Sie sollen Probleme lösen und echten Mehrwert bieten. Wer APIs gestaltet, muss also verstehen, wer sie nutzt, in welchem Kontext das geschieht und was eine einfache und wertstiftende Nutzung überhaupt ausmacht. Das erfordert die Bereitschaft, Designentscheidungen nicht nur technisch, sondern auch strategisch zu treffen.

Gleichzeitig gilt: APIs entstehen nicht im luftleeren Raum. Sie sind eingebettet in Datenmodelle, Prozesse und Organisationen. API Thinking nimmt diese Verflechtung ernst. Es betrachtet APIs als Produkte, die entwickelt, betreut und weiterentwickelt werden. Das beinhaltet auch die Verantwortung für ihre Qualität, Nutzbarkeit und Zukunftsfähigkeit.

Vom Denken ins Tun: Das Modell hinter API Thinking

API Thinking ist kein starrer Prozess, sondern ein Modell für einen iterativen Ansatz Ein strukturierter Rahmen hilft dabei, die Idee greifbar zu machen:

Am Anfang steht das Verständnis der Stakeholder. Wer nutzt die API? Wofür? Was bedeutet für diese Personen "gute Nutzungserfahrung"? Statt Zielgruppen abstrakt zu beschreiben, geht es darum, konkrete Perspektiven einzunehmen, etwa durch strukturierte Workshops, Interviews oder die Analyse bestehender Nutzungsmuster.

Aufbauend auf dem Verständnis für die Stakeholder wird definiert, welche Daten eine Rolle spielen. Das erfolgt nicht technisch, sondern inhaltlich. Was wird wirklich gebraucht? In welcher Qualität und Aktualität?

Erst danach folgt das API-Design: Welche Interaktionsmuster passen? Welcher Detailierungsgrad ist sinnvoll? Wie bleibt die Schnittstelle konsistent und verständlich?

Die Implementierung ist dann ein Ergebnis dieser Überlegungen und nicht ihr Ausgangspunkt. Und sie ist auch nicht das Ende: Eine API wird idealerweise frühzeitig durch Stakeholder validiert, Feedback wird aktiv eingeholt, neue Erkenntnisse fließen wieder zurück. So entsteht nicht nur ein funktionierender Endpunkt, sondern eine tatsächlich nutzbare und nutzbringende API.

Abgrenzung: Was API Thinking nicht ist

API Thinking wird gern mit Begriffen wie API First oder API Management vermischt, dabei gibt es klare Unterschiede. API Thinking ist keine Methode, kein Toolset und kein Architekturprinzip, sondern eine Denkweise.

Während API First eine organisatorische Entscheidung beschreibt, APIs frühzeitig in den Mittelpunkt zu stellen, liefert API Thinking die inhaltliche Grundlage dafür, eine konkrete API zu erstellen. Es beleuchtet die API aus einem Produktgedanken heraus: Warum braucht es diese API überhaupt? Wer profitiert davon? Und wie wird sie gestaltet, damit sie echten Nutzen bringt?

API Design First bedeutet, das API-Design vor der Implementierung bewusst zu definieren, idealerweise mit Blick auf Wiederverwendbarkeit und Konsistenz. Doch auch hier gilt: Ohne Verständnis für die eigentlichen Nutzenden bleibt die API oft technisch sauber, aber fachlich wenig relevant.

Und API Management? Das kümmert sich um den Betrieb, das Monitoring, die Sicherheit und weitere Querschnittsthemen. Auch das ist wichtig, greift aber erst, wenn die API bereits erstellt ist. API Thinking setzt viel früher an: Es klärt, ob und wie eine API überhaupt sinnvoll ist.

Was API Thinking für verschiedene Rollen bedeutet

API Thinking wirkt auf mehreren Ebenen und betrifft nicht nur Entwicklung und Architektur.

Für Entwicklungsteams bedeutet es, APIs nicht nur umzusetzen, sondern mitzugestalten. Sie übernehmen Verantwortung für Verständlichkeit, Konsistenz und Wartbarkeit und treten in Dialog mit ihren Nutzerinnen und Nutzern, um deren Bedürfnisse zu verstehen.

Für Produktverantwortliche werden APIs sichtbarer Teil der Wertschöpfung, mit eigenen Nutzenden, Erfolgsmetriken und strategischer Relevanz. APIs sind kein technisches Nebenprodukt, sondern ein bewusster Bestandteil des Produktportfolios und können somit messbar zum Geschäftserfolg beitragen.

Architektinnen und Architekten können mithilfe von API Thinking Systeme strukturieren, Verantwortung klären und Komplexität reduzieren, zum Beispiel durch klar definierte technische Verträge zwischen Domänen.

Und für alle Rollen im Business-Kontext öffnen APIs mit der richtigen Denkweise neue Türen: für Partnerschaften, neue digitale Erlösmodelle oder effizientere Prozesse. Nicht die API selbst steht im Vordergrund, sondern das, was sie ermöglicht.

Vom Konzept zum Geschäftswert

APIs entfalten ihren Wert nicht allein durch saubere Technik, sondern durch ihre Wirkung im jeweiligen Kontext. Eine API wird zum echten Business-Enabler, wenn sie Prozesse beschleunigt, Integration vereinfacht oder neue Märkte zugänglich macht. Das gelingt aber nur, wenn sie auch genutzt wird und das wiederum setzt gute Gestaltung voraus. Wenn die Bedürfnisse der Zielgruppe bekannt sind, kann eine API verständlich, relevant und vertrauenswürdig umgesetzt werden. Das spart Aufwand, erhöht die Akzeptanz und verbessert die Qualität des Gesamtprodukts. API Thinking unterstützt dabei, diesen Zusammenhang herzustellen. Es hilft, technische Schnittstellen mit strategischen Zielen zu verknüpfen und die Frage nach dem "Warum" konsequent mitzudenken, egal ob intern oder extern, ob für Menschen oder Maschinen.

Fazit: Denken statt nur machen

API Thinking ist kein Framework, kein Template, kein Werkzeugkasten. Es ist eine Denkweise. Eine, die APIs nicht als technischen Selbstzweck betrachtet, sondern als Teil einer größeren Idee: Nutzende befähigen, Wert schaffen, Systeme vernetzen. Wer APIs ausschließlich baut, weil es technisch notwendig ist, verschenkt Potenzial. Wer hingegen versteht, wie und warum sie genutzt werden, schafft Schnittstellen, die funktionieren, wachsen und dauerhaft gebraucht werden.

Die entscheidenden Fragen bei der API-Erstellung lauten nicht: "Welche Methode wenden wir an?" oder "Welches Tool setzen wir ein?". Sondern: "Für wen machen wir das?", "Welches Problem lösen wir?" und "Wie bleibt unsere Schnittstelle langfristig relevant?"

API Thinking liefert dafür keine fertigen Antworten. Aber es hilft, die richtigen Fragen zu stellen.

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