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Verstärken, was gut läuft – Retrospektive zum Mobile Office

23.6.2020 | 8 Minuten Lesezeit

Die Produktivität von Arbeitnehmer*innen profitiert vom Mobile Office. Dies zeigen unterschiedliche Studien aus den vergangenen Jahren. Unternehmen sollten diesen Effekt zielführend nutzen.

Quelle: Pixabay

Im März 2020 fanden viele Führungskräfte ihre Teams plötzlich im Homeoffice wieder, ohne darauf vorbereitet zu sein. Und es ist etwas passiert, was viele für nicht möglich hielten – meist funktionierte es. In jedem Fall besser als ohne diese Möglichkeit, auch wenn es erst einmal eine Notfallmaßnahme war und manchmal mit der heißen Nadel gestrickt werden musste. Aber in geschäftskritischen Zeiten sind viele Dinge möglich oder werden möglich gemacht. 

Besonders in traditionell geführten Unternehmen spülte dieser Homeoffice-Tsunami alle vorherigen Bedenken einfach beiseite. Von heute auf morgen wurden tausende Unternehmens-Arbeitsplätze in den privaten Lebensraum verlegt. Führungskräfte, die gestern noch auf Sicht und Zeit führten und Homeoffice skeptisch gegenüber standen, mussten nun darauf vertrauen, dass ihre Mitarbeiter*innen auch ohne Anwesenheitsroutinen arbeiteten. Einige Führungskräfte konnten leichter mit dieser neuen Situation umgehen als andere. Der skurrilste Fall für uns war eine Führungskraft, die alle 30 Minuten einen schriftlichen „Bericht“ über die Tätigkeit verlangte. Andere, die auch schon vor den Covid-19-Kontakbeschränkungen auf eine vertrauensvolle Zusammenarbeit und viel Eigeninitiative setzten, hatten es leichter, Remote-Zusammenarbeit produktiv zu nutzen. In dieser Zeit haben wir von codecentric mit unserer Aktion „Plötzlich Homeoffice – 30 Minuten Coaching für Führungskräfte“ Unternehmen dabei unterstützt, schnell zielführende Strukturen aufzubauen.

War das Stricken mit der heißen Nadel in den ersten Wochen überlebenswichtig, wird es nun darum gehen, die Arbeitswelt an die neuen Gegebenheiten anzupassen und teilweise neu zu gestalten. Wie soll der Status jetzt, in Zeiten schrittweiser Wiederöffnung der Gesellschaft, in Unternehmen sein, wenn Beschäftigte mehr und mehr an ihre Arbeitsplätze zurückkehren werden und Mobile Office weiter nutzen wollen? Werden wir wieder für jedes Vertriebsmeeting in den Flieger steigen oder alle Planungstreffen in Hotels um den Erdball verstreut durchführen, auch wenn sich gezeigt hat, dass dies online sehr gut möglich ist? Wird die Arbeit im Mobile Office der Vergangenheit angehören oder wird es integraler Teil der Arbeitswelt sein so wie Heiner Thorborg im Manager Magazin schreibt: “… das Homeoffice geht genauso wenig wieder weg wie das Internet ”. 

Die Arbeitskultur wird sich verändern. Theo Sommer nennt diese Krise auf Zeit Online nicht bloß eine “Betriebsstörung. Es ist die größte Durchwirbelung unseres Alltagslebens seit dem Pestausbruch des 17. Jahrhunderts ”. Insofern ist dieser Stresstest für unsere Unternehmen auch eine Chance, unterschiedliche Arbeitsmodelle zu analysieren und moderne Technologien mit auf die Agenda zu nehmen. Und nach jeder Krise gibt es immer die Phase der Neuorientierung und später dann der neuen Balance. Unternehmen und Führungskräfte sind gut beraten, diesen Prozess aktiv zu gestalten, damit er produktiv bleibt. 

Wie gut jemand mit dieser Situation im Mobile Office zu arbeiten oder zu führen umgeht und sich nach dem Lockdown wieder umstellt, ist auch eine Typfrage. Manche Kolleg*innen und Führungskräfte werden auf die gewohnten Arbeitsroutinen zurückgreifen. Das kann sinnvoll sein. Ob es für ihren Betrieb, ihr Unternehmen passt, ist festzustellen. Andere werden viel Gutes an der Möglichkeit, im Homeoffice zu arbeiten entdeckt haben und vieles nicht mehr missen wollen. Es wird nicht um ein „entweder – oder“ gehen. Nur Mobile Office oder doch nur wieder im Büro sein. Es wird darum gehen, Gutes auszubauen und den Umfang dessen, was sich in den vergangenen Wochen als möglich gezeigt hat, jetzt und für die Zukunft auszubauen. Dafür gibt es nicht DAS Patent-Rezept. Jedes Unternehmen hat seine eigenen Produktionsabläufe und Kultur. Jede Führungskraft ist anders. Was passt und was weiter gefördert werden soll, gilt es herauszufinden. Jetzt.

Verstärken, was gut läuft – Retrospektiven zum Homeoffice danach

Wie es zukünftig sein soll, kann Stück für Stück herausgefunden und implementiert werden. Das Gute an diesem Vorgehen ist, dass sich Unternehmen in kurzen Zyklen an neue Methoden herantasten können. Zum Beispiel, indem Führungskräfte mit ihren Teams sichtbar machen, was gut läuft und warum. Dies am besten mit lösungsfokussierten Fragen wie: Mit welchen Techniken können wir gut zusammenarbeiten? Welche technischen Möglichkeiten sind schnell erlernbar und bieten Vielfältigkeit in der Zusammenarbeit? Welche Arbeitsmethoden online sind sicher? Wie hat unsere Kommunikation funktioniert? Welche Organisationsabläufe müssen wir verändern und welche Absprachen treffen? Wie sind unsere Arbeitsergebnisse?

In der agilen Softwareentwicklung nutzen wir für genau solche Prozesse das Instrument der Retrospektive. Mit bestimmten Fragestellungen und Abläufen gehen wir Dingen detaillierter auf den Grund und machen für alle sichtbar, was ist. Wir sammeln Informationen und Erfahrungen einer bestimmten Zeitspanne. 

Quelle: Pixabay

Im nächsten Schritt werten wir aus. Warum ist was passiert und wer trug dazu bei? Wo hakte es, für wen und warum? Wodurch lief es in anderen Bereichen gut? Dadurch entsteht ein Bild dessen, was passierte und welche Hintergründe eine Rolle spielten. Dieses Bild ist nachvollziehbar für alle: Für Führungskräfte und Teammitglieder und ist die Basis für Entscheidungen, die darauf entwickelt werden. Und die von einer großen Mehrheit mitgetragen werden können. 

Dann geht es zum nächsten Schritt. Wie soll es in der nächsten Zeitspanne weitergehen? Was wollen wir implementieren und mit welchem Ziel? Was soll neu eingerichtet oder ausgebaut werden? Wie werden unsere Organisationsabläufe im Mobile Office abgebildet? Wie wollen wir mit wem über was kommunizieren? Welche Aufgaben will ich meinen Mitarbeitern übertragen und welche will ich auf welchem Weg nachvollziehen? 

Sind die Entscheidungen getroffen, werden sie implementiert. Führungskräfte, Mitarbeiter*innen und Teams leben nun das, was in der Retrospektive erarbeitet wurde und machen neue Erfahrungen. Dies in einer definierten Zeit. Denn es gilt in Schritten immer das Beste in den nächsten Schritt zu implementieren. Die einzelnen Experimente, denn um nichts anderes handelt es sich bei den für eine Zeit getroffenen Entscheidungen, werden in der nächsten Retrospektive auf den Prüfstand gestellt. Haben sie die Erwartungen erfüllt? Werden sie beibehalten, angepasst oder zugunsten eines anderen Experiments ganz fallen gelassen? Das trägt in der Regel dazu bei, Veränderungen leichter einzuführen, denn sie gelten erst einmal nur für eine bestimmte Zeit. Viele Change-Prozesse scheitern, weil genau das nicht passiert: eine offene genaue Analyse dessen, was ist und die konkrete und sukzessive Umsetzung weiterer Schritte, die von vielen getragen wird. Gut beraten sind Unternehmen und Führungskräfte, die Kräfte bündeln und Unternehmens-Ressourcen zielbringend einsetzen wollen, Mitarbeiter*innen die Möglichkeit zu geben mitzuarbeiten, sich einzubringen, Kritik zu äußern und ernstgenommen zu werden. Passiert das nicht, ist es nicht selten, dass aller Vorsprung verspielt wird. Das ist teuer und macht Frust. Zu wissen, dass einzelne, kleine Veränderungen erst einmal für eine begrenzte Zeitperiode gelten und dann wieder reflektiert werden, kann es leichter für Mitarbeiter*innen machen, sie anzunehmen. Und genau damit können Sie diesen Veränderungsprozess für Ihr Unternehmen erfolgreich machen.  

Höhere Produktivität im Homeoffice – Einige Ergebnisse aus Studien

Studien aus den letzten Jahren haben gezeigt, dass der Anteil von Beschäftigten, die das Mobile Office regelmäßig nutzen, gestiegen ist (Studie Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung 2019 ). Die Beschäftigten kamen hauptsächlich aus den Bereichen Dienstleistung, Verwaltung, Marketing & Vertrieb. Betriebe sehen die Vorteile, auf diese Art zu arbeiten, in einer höheren Produktivität (46 %), einer besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie (55 %), einer höheren Flexibilität für ihre Mitarbeiter*innen sowie eine bessere Erreichbarkeit (47 % ). Beschäftigte sind der Meinung, dass sie ihre Tätigkeit besser ausüben können (56 %), die Vereinbarkeit von Job und Familie besser gelingt (52 % ), die Fahrzeit gespart werden kann (55 %) und eine höhere Arbeitszeit möglich ist (38 %).

Auch eine Studie der Universität Stanford (2015) kam zu dem Ergebnis, dass die Produktivität von Arbeitnehmern im Homeoffice um 13 Prozent stieg. Hintergründe waren weniger Ablenkung, sondern die Möglichkeit, konzentrierter zu arbeiten und selbst zu entscheiden, wann es ins Büro oder ins Mobile Office geht. 

Die internationale Arbeitsorganisation (IAO) fand 2017 heraus , dass Beschäftigte im Homeoffice innovativer arbeiten und in ihrer Arbeit verstärkt neue Wege gehen. Beim Thema Gesundheit sind die Antworten differenzierter. Einige stellten fest, dass sie weniger Pausen machten und es stressiger sein kann im Homeoffice, weil es keine Trennung mehr zwischen Arbeit und Privatem gibt. Für andere war es genau nicht so. Gerade in der aktuell sehr uncharakteristischen Zeit erzeugt das erzwungene Jonglieren von Job, Erziehung, Haushalt, Freizeit und Beziehung teils sehr hohe Stresslevel. Dies gilt es bei all den positiven Aspekten stets im Auge zu behalten, zu adressieren und experimentell zu bearbeiten. Auf der anderen Seite werden Office Hours hinfällig. Das heißt, es ist in gewissen Rahmen für die Kolleg*innen möglich, die Zeit für sie optimaler zu gestalten. Wenn es der Kalender erlaubt, kann man zum Beispiel nachmittags mit den Kindern spielen und später in Ruhe noch einzelne Arbeiten erledigen.

Auch die Produktion versucht Neues. Bei Continental, einem Hersteller für Reifen und Autozulieferer, testen seit 2018 auch Fabrikarbeiter Homeoffice in der Elektronikfertigung. Sie prüfen mit Hilfe von Fotos am PC zuhause fehlerhafte Leiterplatten. 

Im Recruiting ist in vielen Branchen Homeoffice nicht mehr nur Goody, sondern Pflicht, um gute Mitarbeiter zu bekommen. So wurden Menschen der sogenannten Generation Z, die nach 1994 geboren sind, befragt, was für sie der wichtigste Wert im Berufsleben ist. Über 70 Prozent wollen Zufriedenheit im Job und die Möglichkeit, im Homeoffice zu arbeiten. („Recruiting Trends“-Studie , CHRIS der Universitäten Bamberg und Erlangen-Nürnberg).

Homeoffice und mobiles Arbeiten sind definiert

Homeoffice unterliegt in Deutschland bestimmten Richtlinien und ist in der Arbeitsstättenverordnung definiert. Denn Homeoffice bedeutet, dass ein Büro zu Hause vom Arbeitgeber eingerichtet ist. Besonders die Bereiche Arbeitssschutz und Datenschutz sind hier betroffen. Anders beim mobilen Arbeiten. Hier gibt es keine Bindung an einen festen Arbeitsplatz. Darum kann er auch nicht von jeder Branche, die mit besonders sensible Daten arbeitet, genutzt werden.

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