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Vorgaben oder Freiheit? Spannungsfeld Platform Engineering

30.7.2025 | 3 Minuten Lesezeit

Management, Betrieb und Deveoperloper freuen sich über Zusammenarbeit im Platform Engineering

Plattformen sind heutzutage sehr beliebt. Der Term “Platform” taucht überall auf. Developer Plattformen in Platform Engineering, GitLab, die DevSecOps Platform, E-Commerce Platform, Cloud Platform, Social Media Platform und so weiter. Aber was macht die Plattform eigentlich zur Plattform und warum wird ihnen so viel Bedeutung zugesprochen? In diesem Artikel geht es darum, was eine Plattform ausmacht und warum Plattformen für die Softwareentwicklung ein strategisch relevantes Thema sind.

Die Idee von Plattformen ist nicht neu. Es gibt viele großartige Beispiele dafür, wie Plattform-Architekturen ganze Branchen transformiert haben. Eine dieser Branchen ist die Automobilindustrie. Autos besitzen eine Menge komplexer Ingenieurarbeit wie Motor, Getriebe, Komponenten zur Einhaltung von Emissionsvorschriften und ABS-Bremsen - all diese Dinge, die Autos effizient und sicher machen, die der Kunde jedoch nicht sieht. Der Kunde sieht die Farbe, das Interieur, wie schön die Türen schließen und wie bequem die Sitze sind. Die Automobilindustrie hat vor vielen Jahrzehnten erkannt, dass sie diese komplexe Ingenieurarbeit einmalig erledigen und dann unterschiedliche Varianten auf dieser Basis Plattform entwickeln kann, um sie an verschiedene Kunden und Zielgruppen zu verkaufen. Dieses Konzept war enorm erfolgreich, weil es die Fertigungstiefe drastisch verringerte. So baut die Volkswagen-Gruppe beispielsweise Modelle vom Audi A3 über Seat Leon oder Škoda Octavia auf derselben MQB Plattform. Das Gleiche wollen wir mit Platform Engineering in der Softwareentwicklung auch erreichen. Wenn wir uns jedoch auf diese Reise begeben, müssen wir verstehen, welche Mechanismen dahinterstecken, die dies ermöglichen.

Die Schlüssel von Plattformen besteht darin, dass sie Standardisierung ermöglichen. Normalerweise assoziieren wir Standards jedoch damit, dass sie Freiheit und Flexibilität einschränken. Der Standard sagt, wie genau etwas zu tun ist, sonst geht es nicht. Ist es gegen den Standard, ist es nicht erlaubt. Aber es gibt einen anderen Typ von Standard, der tatsächlich Innovationen vorantreibt. Einer der wirkungsvollsten Standards, denen wir jeden Tag begegnen, ist HTTP. Damit kann jeder Browser eine Verbindung zu jedem Webserver herstellen und wir sehen eine Webseite. Dieser Standard hat tatsächlich Innovationen stark vorangetrieben. Wir können uns die Welt ohne diesen Standard nicht mehr vorstellen. Ein anderes Beispiel wäre der DIN-A4 Standard. Niemand kann sagen, dass er nicht kreativ sein kann, weil ihm die A4-Papiergröße vorgegeben wird. Das A4-Format ist standardisiert: 297 mal 210 Millimeter. Trotzdem hemmt das nicht die Kreativität - ganz im Gegenteil. Niemand muss darüber streiten, wie groß ein Leitz Ordner oder der Umschlag für das Papier sein sollen. Das Festlegen bestimmter Standards und das Einigen auf bestimmte Rahmenbedingungen kann tatsächlich Innovation und Kreativität fördern. Genau das ist das Ziel hinter Plattformen.

Plattformen sind eine Möglichkeit, Expertise zu zentralisieren. Aber Innovationen zentralisiert du nicht - das überlässt du den Teams, die am nächsten am Kunden sind. Sie werden auf der Plattform aufbauen. - Peter Buhrmann von Thoughtworks

Standardisierung ist also ein bewährtes Mittel, um die Fertigungstiefe zu reduzieren – und damit die Effizienz in der Entwicklung digitaler Produkte zu steigern. Doch bleibt dabei oft eine zentrale Frage unbeachtet: Was ist mit der Effektivität?

Wir können zwar sehr effizient arbeiten – aber wenn wir die falschen Dinge effizient umsetzen, bleiben sie weiterhin falsch. Mehr Effizienz allein verkürzt weder die Time-to-Market noch führt sie automatisch zu einem positiven Return on Investment (ROI). Gerade bei Entwickler Plattformen ist der ROI kein kurzfristiges Ziel. Ihr Aufbau ist eine langfristige und strategische Investition. Umso wichtiger ist es, die echten Potenziale im Softwareentwicklungsprozess zu erkennen: team- und abteilungsübergreifend ein gemeinsames Problembewusstsein zu schaffen, klar zu priorisieren – und erst dann in die Lösungsfindung einzusteigen. Andernfalls entstehen Standards, die nicht fördern, sondern blockieren: Sie hemmen Kreativität, erhöhen die kognitive Belastung in den Teams – und führen letztlich eben nicht zu dem Effekt, den Plattformen eigentlich erzeugen sollen.

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